Morgengabe

Ein interkulturelles Phänomen

Im Zusammenhang mit der Ausbildung zum Fachanwalt Familienrecht habe ich die international-privatrechtliche Einordnung der iranischen Morgengabe (Mehriee) in der Schweiz untersucht.

Dabei stellte ich fest, dass die Morgengabe früher auch in unserem Land vorkam und bis 2009 sogar im österreichischen ABGB geregelt war.

Die Morgengabe ist kein exklusives Phänomen des iranischen oder muslimischen Rechts, sondern kommt in verschiedenen Kulturen und zu verschiedenen Epochen vor. Es scheint, dass sie insbesondere in patriarchalischem Kontext ein verbreitetes Konzept zur Ausbalancierung der wirtschaftlichen, aber auch der sozialen und psychologischen Lage der Frau im Verhältnis zu jener des Mannes darstellte und immer noch darstellt.

Inhalt

Die Morgengabe ist im Kern ein Vertrag zwischen Bräutigam und Braut, bei dem ersterer sich verpflichtet, letzterer ohne vermögenswerte Gegenleistung ökonomische Vorteile zukommen zu lassen – eine Schenkung mithin. Das Schenkungsversprechen erfolgt typischerweise im Vorfeld der Eheschliessung, die Erfüllung am Morgen nach der Hochzeitsnacht oder gemäss Vereinbarung auch später. Was romantisch klingt, ist juristisch ein Vertrag über die Zuwendung eines Ehemannes an seine Frau, ohne dafür eine ökonomische Gegenleistung einzufordern.

International-privatrechtliche Einordnung

Vereinbaren im Iran oder in der Schweiz gemischt-nationale Ehegatten mit schweizerischem Wohnsitz vor oder nach der Heirat eine Mehriee iranischen Rechts, sind die entsprechenden iranischen Sachnormen vom dafür zuständigen Schweizer Richter anzuwenden. Ausnahmen sind aus Gründen des Ordre Public möglich.

Ein iranisches Gerichtsurteil über die Leistung einer Mehriee ist von der Schweiz anzuerkennen und zu vollstrecken.

Eine Anknüpfung der Morgengabe an das Schenkungsrechtsstatut, mit Rechtswahl zu Gunsten des iranischen Rechts, gewährleistet eine unkomplizierte rechtliche Handhabung und respektiert gleichzeitig die Parteien mit ihrem kulturellen Hintergrund wie auch mit ihrem Rechtsverständnis.

PDF Die iranische Morgengabe in der Schweiz